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Sind Österreichs Selbstständige gut abgesichert? – Das kommt darauf an.

Presseaussendung der Amici delle SVA zur Pressekonferenz und Podiumsdiskussion am 20. 2. 2014 in der WKO

Die WKO fragt in ihrer internationalen Studie: „Selbständig und sicher - wo steht Österreich?”

Die Amici fragen die WKO: „Wieviele andere Länder bringen ihre Selbständigen durch hohe Sozialversicherungsabgaben regelmäßig unter die Armutsgrenze?”



Zwei Rechenbeispiele: 
1. Angenommen ein Selbständiger EPU verdient im Jahr € 6500. Damit fällt er gerade in die Versicherungspflicht und muss die SVA-Mindestbeiträge zahlen: nämlich € 1.700 im Jahr. Es bleiben ihm also € 4.800 zum Leben. 

2. Wer hingegen € 12.000 im Jahr verdient, gehört offenbar schon zu den Besserverdienenden. Er zahlt nämlich € 3.138 davon an die SVA. Es bleiben ihm € 8.862 zum Leben. Damit wird er durch die SVA-Beiträge deutlich unter die Armutsgrenze gedrückt. Pech, wenn er oder sie damit auch noch ein, zwei Kinder ernähren soll. 

Solche Jahreseinkommen sind gerade bei EPU nicht selten. Natürlich kann man auf Dauer kaum davon leben. Aber es gibt eben gute und manchmal sehr schlechte Jahre, in denen die SV-Beiträge dann schnell zum endgültigen Game Over führen.

Vom Selbsterhalter zum Sozialfall Die Mindestsicherung beträgt in Österreich derzeit € 9.768 pro Jahr. Das Sozialministerium bezeichnet sie als „Schutz vor Armut” – also ein Wert, den man berechtigt als Armutsgrenze annehmen kann. Dennoch sieht das Gesetz vor, dass Selbständige so weit unter die Armutsgrenze gebracht werden können, dass sie aufgeben müssen und schließlich beim AMS landen. Hier bekommen sie dann wenigstens die Mindestsicherung. Allerdings nur, wenn sie den Gewerbeschein (so vorhanden) zurücklegen und sich der Reihe von derzeit rund 260.000 Arbeitssuchenden anschließen. Denn im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die ein geringes Gehalt durch eine anteilsmäßige Mindestsicherung aufstocken können, darf der Selbständige keine Einkünfte mehr generieren. Obwohl er sich - ohne SV-Beiträge - gerade noch selbst erhalten könnte, liegt er nun der Allgemeinheit vollkommen auf der Tasche. Im Jahr 2012 ist genau das 1.796 Selbständigen aufgrund von Konkursanträgen der SVA passiert.

Die Wahrheit über die „Errungenschaften“ der SVA Krankengeld: Es beträgt € 28,40 pro Tag. Der Anspruch entsteht erst ab dem 43. Tag der Krankheit und besteht höchstens 20 Wochen lang. Einen Selbständigen ohne finanzielle Rücklagen treibt daher eine lange Krankheit in den Ruin. Überbrückungshilfe: Nicht so großzügig, wie sie klingt. Sie besteht aus einem ein-, höchstens zweimaligen Nachlass von 50 Prozent der vorgeschriebenen Beitragshöhe - im Klartext: höchstens € 882. Und das nur bei langer Krankheit (min 3 Monate) oder Naturkatastrophen. Die andere Hälfte des SV-Beitrags, genau wie die folgenden Quartalsbeiträge, muss der Notleidende trotzdem zahlen. Freiwillige Arbeitslosenversicherung: Kostet monatlich zwischen € 80 und € 238. Wer sich einmal für eine Beitragsstufe entschieden hat, darf sie nicht mehr wechseln, auch wenn sich die Einkommenssituation wesentlich ändert. Arbeitslosengeld liegt zwischen € 600 und € 1350. Wochengeld: Eine tatsächliche Verbesserung für selbständige Mütter. Es beträgt € 51 pro Tag für 16 Wochen rund um die Geburt. Die Mütter sind während der Arbeitsunterbrechung weiter krankenversichert, aber von der Beitragspflicht befreit.

Die wichtigsten Forderungen der Amici delle SVA: Soforthilfe für Selbständige - Wir wünschen uns eine tatsächlich „einkommensorientierte Beitragsentrichtung” auch für niedrige Einkommen. Das heißt: anheben der Versicherungsgrenze auf das Niveau der Armutsgrenze und/oder wesentliche Senkung der Mindestbeitragsgrundlage. Um fehlende Einnahmen abzudecken, kann die Höchstbeitragsgrundlage angehoben werden. - Keine Verrechnung von Verzugszinsen „wenn dadurch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären”, so wie es im GSVG § 35 Abs. 5 auch vorgesehen ist. - Abschaffung des Selbstbehalts bei Arztbesuchen. - Transparente Abrechnung der SV-Beiträge, weil wir die SVA gerne verstehen möchten. - Zukunftsvision: Komplette Systemumstellung auf einen integrierten Tarif aus Sozialversicherung und Einkommensteuer. Kein Bürger wird mehr aktiv unter die Armutsgrenze gedrängt.

Einige interessante Zahlen - Rund 150.000 EPU verdienen im Jahr weniger als € 11.000 netto (Medianeinkommen nach SVA) - Rund 84.000 Selbständige sind bei der SVA nur gemäß der Mindestbeitragsgrundlage versichert, verdienen also weniger als € 8.256 im Jahr vor SVA (SVA Jahresbericht 2012). - Im Jahr 2012 hat die SVA 20.352 Exekutionen durchgeführt und 1.796 Konkursanträge gestellt. - Wenn man die Inflation laut Wertsicherungsrechner der Statistik Austria in die Berechnung einbezieht, bleiben dem geringverdienenden Selbständigen durch die SVA-Beiträge heute um 12 % weniger Kaufkraft als noch vor 5 Jahren.

Darf die WKO wirklich für „Österreichs Selbständige” sprechen? Die Österreichische Wirtschaftskammer spricht in ihrer Ankündigung von „Österreichs Selbständigen”, obwohl in der Studie nur ein Teil der Selbständigen berücksichtigt wird. Nämlich jene 268.556, die einen Gewerbeschein besitzen. Die restlichen rund 101.287 Selbständigen (darunter rund 44.200 sogenannte Neue Selbständige, sowie Ärzte und Apotheker) werden in diesem Vergleich nicht berücksichtigt.

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